“SToP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ ist ein bundesweites Projekt gegen Partnergewalt. In Berlin gibt es das Projekt in Kreuzberg und Spandau und seit dem vergangenen Jahr auch in Neukölln. Es verfolgt einen neuen Ansatz zur Prävention von Partnergewalt und zur Unterstützung von Gewaltbetroffenen. Und es will Nachbarschaften und soziale Netzwerke befähigen, Partnergewalt zu erkennen und etwas dagegen zu tun. Gleichzeitig sollen Gewaltbetroffene ermutigt werden, aktiv zu werden, darüber zu reden und Maßnahmen zu ergreifen.
Häusliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und betrifft weder einzelne Bevölkerungsgruppen noch Bevölkerungsschichten. 2022 wurden 240.547 Menschen Opfer von häuslicher Gewalt. Das sind allerdings nur die angezeigten Fälle, die Dunkelziffer wird um ein Vielfaches höher geschätzt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 8,5 Prozent. Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer um 9,1 Prozent auf 157.818 Opfer. Ganz überwiegend sind Frauen von häuslicher Gewalt betroffen: 80,1 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt und 71,1 Prozent der Opfer Häuslicher Gewalt insgesamt sind weiblich. Von den Tatverdächtigen bei Partnerschaftsgewalt sind 78,3 Prozent Männer, im Gesamtbereich der Häuslichen Gewalt 76,3 Prozent. 133 Frauen und 19 Männer sind im Jahr 2022 durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden.
StoP ist nicht nur die Abkürzung des Projektnamens, es bedeutet auch: Halt! Aufhören! Es will dazu beitragen, dass Gewalt in Partnerschaften aufhört. Leider ist darüber zu reden noch immer ein Tabu. Über die Hälfte der Betroffenen spricht nicht darüber, aus Scham, aus Angst, aus Resignation. Gewalt in Partnerschaften kann jeden betreffen oder es findet in der Nachbarschaft, im Familien-, Freundes- oder Kollegenkreis statt. Aber ganz deutlich gesagt: Gewalt in Partnerschaften ist keine Privatsache, sie ist eine Menschenrechtsverletzung!
Gewalt zerstört Gesundheit und Leben, zerstört Körper, zerstört Seelen, denn sie hat viele Formen: missachten, abwerten, beleidigen, einsperren, schlagen, vergewaltigen, töten. Gewalt kommt überall vor und es kann alle treffen, auch Männer. Was nicht vergessen werden darf: Auch die in diesen Haushalten lebende Kinder sind betroffen!
Deshalb will das “SToP“-Projekt Betroffenen und ihrem sozialen Umfeld zeigen, wie sie die Situation ändern können. „Wir sind dafür da, die Diskussion darüber nicht nur anzustoßen, sondern auch zu verändern“, erklärt Jana Bargmann, eine der Projekt-Koordinatorinnen für Neukölln. „Wir sind im Bezirk unterwegs, lernen Nachbarschaften kennen, knüpfen Kontakte zu Nachbarschaftshäusern und anderen Begegnungsstätten. Wir haben unser Projekt auch schon beim Quartiersmanagement vorgestellt. Es gab eine Auftaktveranstaltung, wir haben Flyer verteilt und Workshops angeboten. Derzeit sind wir dabei, eine Gruppe mit Menschen aufzubauen, die sich engagieren wollen, das heißt, die Nachbarinnen und Nachbarn anzusprechen und Aktionen zu gestalten, um das Projekt bekannt zu machen.“
In Workshops wird beispielsweise vermittelt, was zu tun ist, wenn man in seinem Umfeld häusliche Gewalt mitbekommt. „Nicht wegschauen oder weghören“, betont Jana Bargmann, „es ist wichtig, da Zivilcourage zu zeigen. Betrifft es die Familie nebenan, kann man klingeln und nach Zucker fragen oder einem Ladekabel. Das kann manchmal die Situation entschärfen. Wenn nicht, die Polizei rufen.“
Momentan formiert sich eine Männergruppe, dazu werden noch Interessierte gesucht. In dieser Gruppe soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, über ihre Sozialisation zu reden, wie sie mit Problemen umgehen und wie sie es ändern können, wenn dabei Gewalt im Spiel ist. Es ist auch geplant, mit anderen Gruppen gemeinsame Aktionen durchzuführen.
In diesem Jahr werden Befragungen vorbereitet, um sich ein Bild vom Kiez zu machen. Am 7. März ist “SToP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ am Rathaus Neukölln präsent, um das Projekt vorzustellen.
„Wir sind keine Beratungsstelle“, erklärt Jana Bargmann, „wir vermitteln Informationen und Ansprechpersonen und machen in erster Linie Prävention.“ Wenn jemand Hilfe sucht, wird sie oder er aber nicht abgewiesen, sondern dorthin verwiesen, wo es entsprechende Hilfe gibt.
Eine Auswahl an Adressen für Beratung und Hilfe
BIG Hotline ist täglich von 8 bis 23 Uhr unter Tel.: 030-6110300 erreichbar
Frauentreffpunkt – Fachberatungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt, Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Berlin
Telefon: 030-6222260 und Mobil 0151-56740945
Opferschutz/Opferschutzhilfe der Polizei
Opferschutzbeauftragte/Koordinatorin zum Thema Häusliche Gewalt und
Dezentrale Ansprechperson LSBTIQ
Frau Ahlrep
Tel.: 030-4664504220
dir5st42@polizei.berlin.de
Zufluchtswohnungen für Frauen ZUFF e. V.
SOLWODI Berlin e. V.
– SOLidarity with WOmen in DIstress – Solidarität mit Frauen in Not
Gewaltschutzambulanz der Charité
„StoP-Neukölln“ ist ein Modellprojekt, kofinanziert von der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen.
Fotos: StoP Neukölln – Stadtteile ohne Partner*gewalt, Nachbarschaftsheim Neukölln e.V.