Nachtcafé der Philipp-Melanchthon-Kirche

Seit vielen Jahren öffnet in der Kranoldstraße 16 von November bis März das Nachtcafé für wohnungslose Menschen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag bekommen sie dort zwischen 21.30 und 8.00 Uhr einen kostenlosen Schlafplatz, ein Abendbrot und Frühstück. Das Angebot, eines von zwei des evangelischen Kirchenkreises Neukölln, ist ein wichtiger Teil der Berliner Kältehilfe.
Über den QM Aktionsfonds 2021 konnten Sachmittel für das Nachtcafé in der Philipp-Melanchthon-Kirche angeschafft werden. Unter Anderem wurde ein Luftreiniger gekauft sowie Winterunterwäsche, Strickmützen und Thermo-Handschuhe für die kalten Tage.
Der 19. März 2022 lässt zwar schon den Frühling ahnen, am Abend ist es aber noch ziemlich frisch. Deshalb warten schon eine Stunde vor Öffnung die ersten Männer auf den Stufen der Küsterei. Drinnen beginnen die Vorbereitungen. Im Saal werden Matten und Bettzeug ausgelegt, in der Küche Brot, Käse, Wurst und Gemüsesticks auf Tellern verteilt sowie Tee und Suppe gekocht. Vor Corona gab es ein Buffet, mit dem nun geltenden strengen Hygienekonzept bekommt jeder ein Tablett und setzt sich mit entsprechendem Abstand an die Tische.
Gleich neben dem Eingang hat es sich Silvio gemütlich gemacht. Er blickt etwas versonnen vor sich hin. Schmeckt es ihm nicht? Nein, nein, die Suppe muss erst abkühlen. Der 50-Jährige lebt seit langer Zeit auf der Straße und kommt gerne ins Nachtcafé. Da kennt er die Leute, die sind nett, und deshalb packt er auch oft mit an. Jedenfalls, als das noch ging und sich die Männer und Frauen selber die Matten holten und die Betten bezogen. Silvio ist gelernter Dachdecker und hat auch als Bootsbauer gearbeitet. Eine Zeitlang war er bei der Bundeswehr beschäftigt, hatte dann aber einen Unfall. Er hofft, in ein paar Jahren eine Abfindung zu bekommen und will dann zu einem Freund nach Kanada.

Silvio kommt gerne ins Nachtcafé

Kurt Niedtner und Alex Paetzold kennen solche Geschichten. Kurt ist Gemeindekirchenratsmitglied und kümmert sich um die organisatorischen Belange, Alex ist zuständig für die Gebäude und die Technik. Derzeit sind neun Helferinnen und Helfer dabei, vom Studenten bis zum Rentner, die für ihren Einsatz auch mit dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt werden. Es gab sogar mal einen pensionierten Arzt, der aber aus Altersgründen aufhörte. Schön wäre es, wenn sie wieder einen hätten, bisher hat es aber noch nicht geklappt. Helfende Hände werden weiterhin gesucht, ebenso sind Spenden willkommen.
Vor Corona standen in ganz kalten Wintern bis zu 60 Menschen vor der Tür, meist bewegte es sich so zwischen 30 und 50 Personen. Die Zahl hat sich nun halbiert. Es kommen auch zunehmend Wohnungslose aus Osteuropa. Da wird es mit der Verständigung manchmal schwierig, aber mit Händen und Füßen funktioniert es ganz gut und die eine oder andere Vokabel haben die überwiegend jungen Leute auch gelernt. Es geht ja nicht nur um ein Bett und eine warme Mahlzeit, die Menschen brauchen oft auch jemanden, der ihnen zuhört und mit dem sie reden können. Das weiß auch Silvio zu schätzen. Er genießt diesen Abend, es ist der letzte Tag des Nachtcafés, bevor es wieder im November öffnet.

Wer das Nachtcafé unterstützen möchte, kann sich bei Kurt Niedtner und Alex Paetzold per E-Mail melden.

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