Zwangsverheiratung und Heiratsverschleppung während der Sommerferien

Seit 2011 ist Zwangsheirat ein Straftatbestand (§ 237 StGB). Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe nötigt, wird in Deutschland mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft. Trotzdem fürchten jährlich viele Berliner Jugendliche, besonders vor den Sommerferien, dass sie in den Herkunftsländern der Eltern oder am Urlaubsort gegen ihren Willen verheiratet werden und sie nicht mehr nach nach Deutschland zurückkehren können. Aber es gibt Hilfsangebote für die von Zwangsverheiratung und Heiratsverschleppung betroffenen und bedrohten Jugendlichen.

Wer so etwas befürchtet, soll sich einer Vertrauensperson gegenüber äußern. Die Jugendlichen sollten Bargeld, Kopien des Passes und des Rückflugtickets sowie ein Handy und Adressen der deutschen Botschaft versteckt bei sich führen und alle Kopien auch bei einer Vertrauensperson in Berlin hinterlassen. Vor der Abreise sollte möglichst die genaue Adresse des Zielortes, sowie eine eidesstattliche Erklärung hinterlegt werden, dass der/die betroffene Jugendliche Angst hat, dort zwangsverheiratet zu werden und auf jeden Fall nach Deutschland zurückkommen möchte.

Auf seinen Internetseiten hat das Bezirksamt Neukölln die Informationen sowie Links zu Kontakt- und Hilfeadressen veröffentlicht. Hier kann auch ein Vollmacht-Vordruck für anwaltliche Tätigkeiten/Hilfe bei Zwangsheirat sowie eine eidesstattliche Erklärung „Zwangsheirat“ heruntergeladen werden.

Ehen, die nach ausländischem Recht zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sind, in dem ein Ehepartner oder eine Ehepartnerin 16 bis 17 Jahre alt war, können aufgehoben werden. Das Aufhebungsverfahren wird bei den Familiengerichten auf Antrag eingeleitet, entweder auf Antrag der/des Minderjährigen oder auf Antrag der als zuständig bestimmten Behörde, in Berlin sind dies die Standes- und Rechtsämter in den Bezirken. In den Fällen, in denen ein Ehepartner oder eine Ehepartnerin bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, gilt die Ehe als nicht geschlossen, sofern die Person noch minderjährig nach Deutschland einreist.

„Zwangs- und Frühverheiratungen sind Menschenrechtsverletzungen, die wir nicht tolerieren und denen wir uns in Neukölln entschlossen entgegenstellen. Wir wissen aber, dass sie Realität sind für Neuköllner Jugendliche“, betont Bezirksbürgermeister Martin Hikel. „Deshalb sensibilisieren wir seit Jahren schon die Schulen und informieren über die bürokratischen Notwendigkeiten, damit wir junge Menschen wieder zurück nach Deutschland kriegen, wenn sie gegen ihren Willen festgehalten werden. Mein Appell: Seien Sie wachsam, informieren Sie ggf. betroffene Jugendliche und wenden Sie sich im Ernstfall direkt an die Ansprechpersonen und die Berliner Netzwerke, um Hilfe zu organisieren.“

Informationen und Vordrucke gibt es hier. Weiterführende Informationen und Kontakte auf dieser Hilfeseite.

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